Im Rahmen des neuen Strukturaufbaus der GWA in Emden wird der Stadtteil Borssum darin unterstützt und begleitet, Teilhabemöglichkeiten für alle Bewohner/innen zu schaffen. Damit Nachbarschaften zusammenwachsen können und ein gutes Miteinander entsteht, sollen Begegnungsorte geöffnet und möglichst selbstorganisierte Treffpunkte initiiert und begleitet werden. Grundidee hierbei ist, dass Möglichkeiten des (Kennen)Lernens anderer Menschen und ihrer Kultur die Sinnstiftung und Identitätsbildung unterstützen. Dies wirkt durch Angebote und tatkräftiges Eigenengagement.
Die Mitarbeiterinnen des Projektes erkunden Interessen und Fähigkeiten der Bewohnern und tragen durch ihren Arbeitsansatz zur Integration und Vernetzung sowie zur Weiterentwicklung der Infrastruktur im Stadtteil bei. Drei Aspekte spielen nach der Anlaufphase dabei eine zentrale Rolle:
• Die räumliche Anbindung an die Oberschule: Hier werden Kinder, Jugendliche und deren Eltern, also Familien erreicht. Die Schule ist ein zentraler Begegnungsort, ermöglicht, mit unterschiedlichen Altersgruppen in Kontakt zu treten und eröffnet im Zusammenspiel mit Lehrkräften und anderen Sozialarbeiterinnen Zugänge, zu dem was Menschen im Stadtteil bewegt. Das angeschlossene „Schulhaus“, die ehemalige Hausmeisterwohnung, dient als Anlaufstelle und bietet neben Raum für die Planung neuer Aktivitäten und die Selbstorganisation von Gruppen kurze Wege in Beratung und zur Vermittlung in Hilfen und Angebote. Dies zusammen macht es besonders spannend, den Schulstandort zum Ausgangspunkt für den Aufbau von Gemeinwesenarbeit zu machen. Ein wichtiger Kooperationspartner hierbei ist das kommunale Bildungsmanagment.
• Die enge Zusammenarbeit mit den Institutionen des Stadtteils: Das Projekt unterstützt engagierte Menschen, vorhandene Räume für gemeinsame Aktivitäten weiter zu öffnen und mit zusätzlichen Sport-, Freizeit- und Kulturangeboten zu beleben. Die Mitarbeiterinnen arbeiten dabei prinzipiell zielgruppenübergreifend und wirken in enger Abstimmung mit der Stadteilinitiative Borssum (SIBO).
• Die sozialräumliche Einbindung der Flüchtlingssozialarbeit: Kontakte der städtischen MitarbeiterInnen und der freiwilligen Integrationshelfer zu den Flüchtlingen werden genutzt, um Brücken in und zwischen Nachbarschaften zu bauen. Neben dem Aufbau sozialer Beziehungen besteht ein wesentlicher Integrationsansatz darin, dass unmittelbare Wohnumfeld als gestaltbaren Raum zu erfahren und zum Abbau von Stigmata aufzuwerten.
Borssum hat sich von einer eigenständigen „Dorfgemeinschaft“ mit hoher Stadtteilidentität und guter Infrastrukturbasis zu einem Gebiet mit teilweise großem städtebaulichen und sozialen Erneuerungsbedarf gewandelt. Durch Alterung und Wegzug jüngerer Bewohner sind Engagement und Aktivtäten, die das Stadtteilleben über Jahre geprägt haben, verloren gegangen. Durch den stetigen, ab dem Jahr 2015 sprunghaft angestiegenen Zuzug von Familien mit Migrationshintergrund ist das nachbarschaftliche Gefüge auseinandergebrochen. Das Bild des Stadtteils wird heute geprägt von dem Gegensatz besonders kindereicher und tendenziell überalternder Wohnbereiche, sowie einer sozialen Kluft zwischen dem Neubaugebiet in östlicher und den Hochhäusern in der Wilhelm-Leuschner-Straße in nordwestlicher Randlage. Hier erreicht der Stadtteil bei beim Kinder- und Jugendanteil (33%), beim Ausländeranteil (47%) und bei der Mindestsicherungsquote (61%) extreme Spitzenwerte. Dazu kommen in mittige Lage mehrere, stigmatisierte Wohnblocks, in denen die hier konzentriert untergebrachten Flüchtlinge noch vielfach ohne Kontakt zur einheimischen Bevölkerung leben. Das Infrastrukturangebot ist unzureichend, außerdem sind etablierte Freizeit- und Begegnungsstätten stark sanierungsbedürftig und in ihrem Betrieb eingeschränkt (Das Freibad ist bereits geschlossen, für seine Sanierung und zukünftige Nutzung sucht die Stadt Emden an einem runden Tisch intensiv nach Lösungen.) In dieser Situation braucht es einen neuen Ansatz der Nachbarschaftshilfe, der - eingebunden in ein gesamtstädtisches Konzept der Gebietsentwicklung - auch Grundlagen für eine umfassende integrierte Stadtteilentwicklung schafft.